Aus dem Editorial:
Die Kategorie »Klasse« scheint ausgedient zu haben. Zumindest in Deutschland ist der Begriff aus der historischen Forschung zunehmend verschwunden. Wer nach neueren Ansätzen zur Geschichte der Arbeiterklasse in deutschen geschichtswissenschaftlichen Zeitschriften sucht, wird heute kaum noch fündig werden. Dies hat in Deutschland zweifelsohne mit der besonders weitgehenden Kritik an älteren Vorstellungen einer männlich-weißen Arbeiterklasse als revolutionärem Subjekt zu tun, die im Gefolge der Studien über das Verhalten der Arbeiterschaft im Nationalsozialismus und über die Geschichte der DDR eingesetzt hat. Gerade in Bezug auf den Nationalsozialismus ist aber nach den fruchtbaren Anfängen, welche die soziale Lage und Praxis bei der Analyse vom »Hinnehmen und Mitmachen« der deutschen Bevölkerung mitberücksichtigt hat,[1] eine Erzählform entstanden, die häufig nur noch Führer und Verführte sieht und ansonsten keine Abstufungen mehr vornimmt. Die Verantwortung bürgerlicher und adliger Eliten in Militär, Bürokratie und Wirtschaft wird so nivelliert und mit dem »Hinnehmen und Mitmachen« einfacher Arbeiter auf eine Stufe gestellt.[2] Demgegenüber halten wir es für erforderlich, bei der Beschreibung der Handlungsmöglichkeiten einer Person auch ihre Herkunft und ihre Möglichkeiten der Verfügung über verschiedene Kapitalsorten zu berücksichtigen.
Wer aber über die Kategorie »Klasse« nachdenken will, kann nicht bei der Betrachtung der Arbeiterklasse stehen bleiben, sondern muss auch nach den oder der anderen Klasse(n) fragen. …
Inhalt WERKSTATTGESCHICHTE | Heft 41
Thema
Vinayak Chaturvedi
Eine kritische Theorie der Subalternität. Überlegungen zur Verwendung des Klassenbegriffs in der indischen Geschichtsschreibung
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Heidi Tinsman
Feminist Labour History and Marxist Legacies in Latin American Studies
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Flemming Mikkelsen
Die skandinavische Arbeiterklasse. Zwischen Markt, Politik und bürgerlicher Gesellschaft
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Werkstatt
Rudolf Oswald
»Bieber-Eck« und »Essig-Haas-Seite«: Fußball als Kampf um die Beherrschung lokaler Räume im Deutschland der Zwischenkriegszeit
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Bericht
Marc Buggeln
Unfreie Arbeit. Ökonomische, rechtliche und geistesgeschichtliche Perspektiven (Trier, 20.-22. Oktober 2005)
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Expokritik
Julia Kramer/Christiane Hess
Bilder verkehren – Postkarten in der visuellen Kultur des deutschen Kolonialismus. Eine Ausstellung des Instituts für Migrations- und Rassismusforschung
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Rezensionen
Monika Preuss
Richard van Dülmen/Sina Rauschenbach: Macht des Wissens
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Monica Juneja
Catherine Hall: Civilising Subjects
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Karin Gottschalk
Margareth Lanzinger: Das gesicherte Erbe
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Patrick Wagner
Christiane Eifert: Paternalismus und Politik
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Sybille Küster
Birthe Kundrus: Moderne Imperialisten
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Michael Wildt
Detlef Siegfried: Das radikale Milieu
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Jens Jäger
Gerhard Paul: Bilder des Krieges
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Stefanie Schüler-Springorum
Die Internationalen Brigarden in Spanien und in der DDR
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Stefan Sfregola
Franz-Josef Brüggemeier: Deutschland und die Fußball-WM 1954
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Stephanie Warnke
Andreas W. Daum: Kennedy in Berlin
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Susanne zur Nieden
David Gaunt/Paul A. Levine/Laura Palosuo (Hg.): Umstrittene Erinnerung
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