Nr. 88 | reden über geld | Abstract

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Klaus Neumann

[ DEUTSCH | ENGLISH | Kurz-Bio]

Vom Nutzen und Nachtheil der Historie für das Leben, oder: was könnten HistorikerInnen zum öffentlichen Diskurs über Asyl und Zwangsmigration beitragen?

In diesem Aufsatz benenne ich drei Rollen, in denen HistorikerInnen einen Beitrag zum öffentlichen Diskurs über Zwangsmigration sowie über Flüchtlinge und andere irregularisierte MigrantInnen leisten könnten: als KritikerInnen von öffentlicher Erinnerung und Historisierung, als ErzählerInnen von vermeintlich nutzloser, nicht nahtlos in der Gegenwart aufgehender Geschichte und als AnwältInnen, die (posthume) Gerechtigkeit für Menschen einfordern, die gemeinhin zu den VerliererInnen der Geschichte zählen. Ich stütze mich dabei erstens auf eine Analyse ausgewählter Zeitungsartikel von Februar und März 1945 über Flüchtlinge aus der Ukraine, stelle zweitens eine die Perspektive der Gegenwart bewusst vernachlässigende Geschichte des Rechts auf Asyl vor und empfehle drittens Überlegungen von Jules Michelet über historische Gerechtigkeit und die Pflicht des Historikers.

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[ ENGLISCH | DEUTSCH]

On the Use and Abuse of History for Life: Or, What might historians be able to contribute to the public discourse about asylum and forced migration?

The article argues that historians might usefully contribute to public debates about forced migration by engaging critically with public memories and histories, highlighting dead ends of the past, and acting as champions of the losers of history. Drawing on German-language newspaper reports from February and March 2022 about refugees from Ukraine, the article demonstrates how attempts to make sense of the present tend to put forward particular interpretations of the past, and suggests that historians are well positioned to draw critical attention to such uses and abuses of history. Recounting the trajectory of the right to asylum envisaged by the architects of the 1948 Universal Declaration, the article advocates a strictly non-Whiggish history-writing that privileges the paths not taken in the past. Finally, the article introduces Jules Michelet’s ideas about the historian as magistrate.

Kurz-Bio: Klaus Neumann

Klaus Neumann hat 1989 mit einer Arbeit über postkoloniale Geschichtserzählungen in Papua-Neuguinea promoviert und war bis 2018 an verschiedenen australischen Universitäten tätig, zuletzt als Professor für Geschichte an der Deakin University. Über die Jahre hat er sich mit so unterschiedlichen Themen beschäftigt wie: Kolonialismus und Postkolonialismus, historischer Gerechtigkeit, Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik, dem Recht auf Asyl und sozialer Erinnerung. Neben wissenschaftlichen Aufsätzen und Büchern hat er Hörspiele und zahlreiche Essays geschrieben. Seit 2018 arbeitet er für die Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur an einem Buch über die Aufnahme von Geflüchteten in Deutschland nach dem Mauerfall und ist Honorary Professor an der Deakin University.
E-Mail: klaus.neumann@wiku-hamburg.de

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