Frederike Schotters
Mission und Geld. Wie das Œuvre de la Propagation de la Foi seine Mittel verteilte
Das von katholischen Laien gegründete Lyoner Œuvre de la Propagation de la Foi (OPF) diente zwischen 1822 und 1922 der zentralen Finanzierung für katholische Missionen. Es verteilte die bei Gläubigen gesammelten Spenden an Missionsunternehmungen auf dem gesamten Globus. Der Beitrag folgt der zentralen Frage, wie das OPF seine finanziellen Mittel verteilte. Eine Analyse der Finanzströme zeigt, dass sich die Aufmerksamkeit im Laufe des 19. Jahrhunderts vom euro-atlantischen Raum hin zu Asien, Afrika und Ozeanien verschob. Damit war ein ideeller Wandel der Missionsideen verbunden: Die Missionen bezogen sich auf neue Tätigkeitsfelder und folgten zunehmend einem Entwicklungsparadigma. Durch das Zusammendenken von Geldmengen und Gelddiskursen lässt sich die Historizität von Bedürftigkeit aufzeigen. Der Beitrag untersucht damit Finanzbeziehungen unterhalb der staatlichen und zwischenstaatlichen Ebene und beleuchtet eine Facette jenseits von Regierungshandeln. Stattdessen wird aufzeigt, wie nicht-staatliche Akteure mithilfe von Geld langfristig – so die These – das internationale Handlungsgefüge veränderten: Religiöse Akteure prägten neue Handlungsfelder in der internationalen Politik.
Mission and Money: How the Society for the Propagation of the Faith Distributed its Funds
Founded by lay Catholics in Lyon, the Society for the Propagation of the Faith provided funding for Catholic missions between 1822 and 1922. It distributed donations collected from Catholics to missionary ventures around the world. The article follows the central question of how the OPF distributed its financial resources. An analysis of financial f lows shows that attention shifted from the Euro-Atlantic area to Asia, Africa, and Oceania over the course of the nineteenth century. This was associated with a change in mission ideas: the missions engaged in new fields of activity and increasingly followed a development paradigm. The historicity of need can be shown by a combined analysis of money amounts and money discourses. The article thus examines financial relationships below the state and inter-state levels and sheds light on a facet beyond government action. Instead, it is shown how non-state actors used money to change international structures in the long run: Religious actors shaped new fields of action in international politics.
Kurz-Bio: Frederike Schotters
Frederike Schotters ist Akademische Rätin auf Zeit am Seminar für Neuere Geschichte (19. Jahrhundert) der Universität Tübingen. Sie forscht zur Geschichte katholischer Mission und religiöser Globalisierung sowie zur Geschichte internationaler Beziehungen mit einem Fokus auf der europäischen Integration und der Geschichte des Kalten Krieges. In ihrer Dissertation hat sie am Beispiel der französischen Außen-, Sicherheits- und Europapolitik mithilfe emotionshistorischer Ansätze erforscht, wie Akteure der internationalen Beziehungen Auswege aus Konfrontationen eröffneten. Derzeit arbeitet sie an ihrem zweiten Buch zur Transnationalisierung des Katholizismus im »langen 19. Jahrhundert«, die maßgeblich von Laien und einer breiten Fundraising-Bewegung getragen wurde.
E-Mail: frederike.schotters@uni-tuebingen.de