Nr. 44 | sport | Abstract

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Anne-Katrin Ebert

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Zwischen »Radreiten« und »Kraftmaschine«. Der bürgerliche Radsport am Ende des 19. Jahrhunderts

Mit Blick auf die »Radfahrwut« im deutschen Bürgertum am Ende des 19. Jahrhunderts untersucht dieser Artikel die vielfältigen, zum Teil widersprüchlichen Bedeutungen und Funktionen des Radsports und stellt sie in den breiteren Kontext der sich wandelnden Definition von Sport in dieser Zeit. »Sport«, früher der vornehme Zeitvertreib des englischen Gentleman, wurde nun mehr und mehr mit dem Streben nach körperlicher Höchstleistung konnotiert. Mit ihrer neuen Sportart schwankten die Radsportler zwischen den Polen »Fahrrad fahren« und »Fahrrad als Kraftmaschine«. Einerseits nutzten die Radfahrer das Fahrrad, um ihre soziale Stellung und ihren Ehrgeiz auszudrücken. Andererseits wurde das Radfahren als eine spezifisch moderne Erfahrung konstruiert, mit der die Radfahrer ihren eigenen Körper als leistungsfähige Kraftmaschine erlebten und sich auf die Herausforderungen des modernen Lebens vorbereiteten. Das Streben der Radsportler nach körperlicher Höchstleistung geriet jedoch in Konflikt mit der sozialen Besonderheit dieser Sportart. Der Boom des Radsports endete nach der Jahrhundertwende, als Fahrräder billiger und damit auch für untere Schichten erschwinglich wurden. Damit endete auch die eigentümliche Verbindung von distinguiertem Zeitvertreib und dem Streben nach körperlicher Höchstleistung, die den bürgerlichen Radsport Ende des 19. Jahrhunderts geprägt hatte.

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Zwischen »Radreiten« und »Kraftmaschine«. Der bürgerliche Radsport am Ende des 19. Jahrhunderts

Reflecting on the »cycling rage« in the German bourgeoisie at the end of the 19th century, this article investigates the multiple and at times contradictory meanings and functions of cycling and places them in the broader context of the changing definition of sports at that time. »Sports«, which had used to be the distinguished pastime of the English gentleman, now becoming more and more connoted with striving for physical excellence. With their new sports, cyclists oscillated between the poles of »riding a bicycle« and »bicycle as a power machine«. One the one hand, cyclists used the bicycle to express their social distinction and ambitions. On the other hand, cycling was constructed as a specifically modern experience with which the cyclists experienced their own bodies as effi cient power machines and prepared for the challenges of modern life. The cyclists’ efforts towards bodily excellence came, however, into conflict with the social distinctiveness of this sport. The cycling boom ended after the turn of the century when the bicycle became cheaper and thus more affordable to the lower classes. This also ended the peculiar combination of distinguished pastime and the striving in bodily excellence which had characterised the bourgeois cycling sport at the end of the 19th century.

Kurz-Bio: Anne-Katrin Ebert

Historikerin, promoviert an der Universität Bielefeld über das Radfahren in Deutschland und den Niederlanden, 1880–1940 und arbeitet zur Zeit am Deutschen Technikmuseum Berlin.
e-Mail: ebert@dtmb.de

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