Nr. 89 | farbmarkierungen | Abstract

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Romana Sammern

[ DEUTSCH | ENGLISH | Kurz-Bio]

Von der Fleischfarbe zur Hautfarbe. Firenzuola, Dolce, Mercuriale und Mancini zum Weißsein in den Künsten des 16. Jahrhunderts

Weiß als kulturelles Konstrukt idealer Hautfarbe wurde (unter anderem) in einem Wechselverhältnis zwischen bildender Kunst, Literatur, Naturkunde und Medizin hergestellt. Der Beitrag verfolgt diese Konstruktion von Weißsein entlang von vier Fallbeispielen aus Venedig und Rom im 16. Jahrhundert bei Agnolo Firenzuola, Lodovico Dolce, Girolamo Mercuriale und Giulio Mancini, und zeigt, dass sie an antike medizinische Theorien über das innere Gleichgewicht anknüpfte und sich bis zum 17. Jahrhundert langsam auf die Körperoberfläche verlagerte. Dieses Ideal war eng mit Schönheit, Geschlechterverhältnissen und der Entstehung kolonialer und rassistischer Ideologien verknüpft. Die Künste des 16. Jahrhunderts spielten dabei eine entscheidende Rolle, indem sie das Kolorit in einem engen Wechselverhältnis zur Medizin zu einem zentralen Thema sowohl in der bildenden Kunst als auch in der Kunsttheorie erklärten und eine Hierarchisierung durch das ostentative Fehlen von Nicht-Weiß herstellten. Darstellungen dunklerer Hautfarben etablierten sich erst im 17. Jahrhundert mit einer Verschiebung der Aufmerksamkeit von einer Farbmischung aus Rot, Weiß und Schwarz auf eine Polarität von hell und dunkel.

[ ENGLISCH | DEUTSCH]

From Complexion to Skin Colour: Firenzuola, Dolce, Mercuriale, and Mancini on Whiteness in Sixteenth-Century Art and Medicine

Whiteness as a construct of ideal skin colour was created at the intersection of the visual arts, literature, natural history and medicine (among others). This paper traces the construction of whiteness through four case studies in sixteenth-century Venice and Rome, examining the works of Agnolo Firenzuola, Lodovico Dolce, Girolamo Mercuriale, and Giulio Mancini. It shows that this construct of whiteness was rooted in ancient medical theories of internal equilibrium and by the seventeenth century had been gradually transferred to the external surface. Notions of beauty, gender dynamics and the emergence of colonial and racial ideologies were closely linked to this ideal. In close interaction with medicine, sixteenth-century art played a crucial role in making complexion a central theme in both visual art and art theory, and in establishing a hierarchy through the ostentatious absence of non-whiteness. Depictions of darker skin tones did not appear until the seventeenth century when attention shifted from a colour mixture of red, white and black to a polarity of light and dark.

Kurz-Bio: Romana Sammern

Romana Sammern ist Kunsthistorikerin an der Paris-Lodron-Universität Salzburg. In ihrem vom österreichischen FWF geförderten Projekt »Gesicht und Bild. Kunst und Kosmetik, 1500–1800« (V-822) erforscht sie das Wechselverhältnis von bildender Kunst, Körper und Medizin in der Frühen Neuzeit.

E-Mail: romana.sammern@plus.ac.at

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