Nr. 85 | müll | Abstract

Zurück zum Inhalt

Jonas Stuck

[ DEUTSCH | ENGLISH | Kurz-Bio]

In die Verantwortung gezwungen. Die Rückführung von Giftmüll und der deutsche Müllkolonialismus in der Türkei

Der Artikel rekonstruiert die Geschichte von einem illegalen Sondermüll-Export von Baden-Württemberg in die Türkei, der zu Diskussionen um den westdeutschen Müllkolonialismus und das Verschieben von Müll entlang einer globalen Ungleichheitsspirale geführt hat. Ab den 1980er Jahren wurde die Entsorgungslage für Müll in Westdeutschland immer schwieriger, sodass der Export von, vor allem problematischem, Müll immer häufiger wurde. Im Zuge des illegalen Exports in die Türkei kam es 1988 zu Protesten im Empfänger- wie auch im Absenderland. Das erhöhte Umweltbewusstsein der Öffentlichkeit und die Arbeit von Politiker*innen und Journalist*innen führte zu einer Return-to-Sender-Kampagne, deren Ziel es war, den bereits exportierten Müll wieder an den Ursprungsort zurückschicken. Dieses Ziel wurde im Juli 1988 auch erreicht, womit es sich um eine der ersten erfolgreichen Kampagnen handelt, die westdeutsche Umweltlasten zurück in den eigenen Verantwortungsbereich führten und die Politik mit konkreten Problemen einer unzureichenden Müllentsorgung konfrontierten. Die Rückführung reiht sich außerdem in globale Debatten zum Basler Übereinkommen der späten 1980er und frühen 1990er Jahre ein, die ein Verbot der grenzüberschreitenden Verbringung von Sondermüll forderten.

[ ENGLISCH | DEUTSCH]

Made Responsible. The Return of Hazardous Waste and Germany’s Waste Colonialism in Turkey

This article reconstructs the history of an illegal hazardous waste export from the West German state of Baden-Württemberg to Turkey that lead to discussions about West Germany’s waste colonialism and the movement of waste along global patterns of inequality. Since the 1980s, the disposal of waste, hazardous waste in particular, has become increasingly difficult. The illegal export of waste to Turkey in 1988 lead to protests in both the receiving and the sending country. The environmental awareness of the public as well as the work of politicians and journalists laid the foundations of one of the first return-to-sender campaigns, which wanted to bring back the exported waste to the place of origin. This goal was achieved at the end of July 1988, making it one of the first successful campaigns that brought West German environmental burdens back under its own responsibility and confronted politicians with concrete problems of a faulty waste disposal system. The return of waste is also part of larger global debates from the late 1980s and early 1990s about the Basel Convention, which wanted to ban the trans-boundary movement of hazardous waste.

Kurz-Bio: Jonas Stuck

Jonas Stuck ist Umwelthistoriker am Rachel Carson Center for Environment and Society (LMU München) und ein Teil der DFG Emmy Noether-Gruppe »Hazardous Travels. Ghost Acres and the Global Waste Economy.« Er schreibt seine Doktorarbeit über den deutsch-deutschen Handel mit Sondermüll während des Kalten Kriegs.
E-Mail: jonas.stuck@lmu.de

Zurück zum Inhalt