Nr. 83 | sinne | Abstract

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Silke Fehlemann

[ DEUTSCH | ENGLISH | Kurz-Bio]

Hassen mit allen Sinnen. Sensorische Mobilisierung in der Weimarer Republik

Der Modus der Unversöhnlichkeit stellte ein strukturelles Problem der Weimarer Republik dar. Nicht zuletzt die Gewalterfahrung des Ersten Weltkriegs hatte das Entstehen neuer polarisierender Wahrnehmungsmuster verstärkt, die geradezu obsessiv auf den Körper bezogen waren. Diese Entwicklung war durch einen Aufschwung der Visualisierungsmöglichkeiten gekennzeichnet. Am Beispiel führender Weimarer Politiker wird deutlich gemacht, wie diese sensorischen Mobilisierungen Einfallstore antidemokratischer Agitation darstellten. Diese Praktiken konnten destabilisierend wirken, indem sie die Repräsentanten der Demokratie visuell, aber auch durch verbale Visualisierungen, wie etwa durch Tiervergleiche, verächtlich machten. Im zweiten Teil des Beitrags wird gezeigt wie die frühe NS-Presse das Arsenal der sensorischen Mobilisierungen vor Ort erweiterte. Der Angriff auf die moralische, politische und ästhetische Ordnung funktionierte durch eine deutliche Radikalisierung tradierter Schmähstrategien bis auf die lokale Ebene.

[ ENGLISCH | DEUTSCH]

To Hate with all Senses. Sensory Mobilization During the Weimar Republic

The mode of irreconcilability was a structural problem of the Weimar Republic. The violent experience of the First World War had intensified the emergence of new patterns of perception which appeared to be almost obsessively related to the body. This development was accompanied by an upswing of visualization opportunities. Using the example of leading Weimar politicians, it can be demonstrated how sensory mobilization could represent gateways for anti-democratic agitation. These practices could destabilize the republic by reviling its representatives by visualization. The early Nazi press expanded the arsenal of sensory mobilization. The destabilization of the moral, political, and aesthetic order worked through a clear radicalization and dynamization of traditional revilement strategies down to the local level.

Kurz-Bio: Silke Fehlemann

Silke Fehlemann ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im SFB 1285 »Invektivität. Konstellationen und Dynamiken der Herabsetzung« an der TU Dresden und Privatdozentin an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Emotions- und Gewaltgeschichte, Geschichte von Krankheit und Gesundheit sowie Kindheitsforschung. Gegenwärtig bereitet sie ein Buch über Hetze, Schmähung und Beleidigung in der Weimarer Republik vor.

E-Mail: silke.fehlemann1@tu-dresden.de

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