Tilmann Siebeneichner
Grenzenlose Gewalt. Britische Söldner im Bürgerkrieg in Angola
„Interesting work abroad“ versprach eine Anzeige, die im Mai 1975 im Daily Mirror um „Ex-Commandos, paratroopers, SAS troopers“ warb. Einige Monate später brach eine ganze Reihe von ehemaligen Angehörigen dieser Eliteverbände der britischen Armee auf, um im bürgerkriegszerrütteten Angola der in der Anzeige in Aussicht gestellten, „interessanten Arbeit“ nachzugehen. Was folgte, war ein ebenso kurzer wie blutiger Einsatz auf Seiten der pro-westlichen FLNA, der zu den bekanntesten Söldnereinsätzen nach 1945 zählt und als geradezu symptomatisch für die Brutalität und Grausamkeit gilt, die diesem Kriegertypus gemeinhin zugeschrieben wird. Die Auswertung von Selbstzeugnisse der an diesem Einsatz beteiligten Söldner problematisiert Aneignungs- und Auslegungsweisen alltäglicher Kriegsgewalt und lenkt den Blick insbesondere auf die transnationalen Implikationen ihres Handwerks, das kriegsrechtliche Konventionen genauso unterläuft wie moralische Standards. Dass die Söldner sich in ihrer exzessiven Gewaltpraxis – die sich am Ende sogar gegen die eigenen Kameraden richtete – auf professionelle Standards beriefen, diese „draußen“ jedoch ins scheinbar Maßlose verzerrten, verweist auf (Selbst-)Wahrnehmungen und ihren Wandel in der Fremde.
Unlimited Violence. British Mercenaries in the Angolan Civil War
A job ad, issued in the Daily Mirror in May 1975, promised “interesting work abroad“ to “Ex-Commandos, paratroopers, SAS troopers.“ A few months later, a number of ex-soldiers, formerly associated with these elite fighting units of the British Army, went to civil war-torn Angola to take up this “interesting work.“ Their engagement on behalf of the pro-western FLNA resulted in one of the most notorious mercenary actions after 1945 with all its ruthlessness and brutality that is commonly ascribed to this kind of warrior. Analyzing ego-documents from various mercenaries involved in this engagement, this article problematizes individual modes of adopting and interpreting everyday violence in war und pays specific attention to the transnational implications of the mercenary’s trade. Defying both internationally accepted laws of war and moral standards, the mercenaries’ ways of explaining and justifying their excessive use of violence – which at a later point even targeted their own comrades – as “true” professional necessity highlight how (self-)perceptions about their trade changed “abroad”. In this respect, however, dynamics within the group of British mercenaries were as important as exoticizing perceptions of their African allies and their theater of operations.
Kurz-Bio: Tilmann Siebeneichner
Historiker; wissenschaftlicher Mitarbeiter in der EmmyNoetherForschergruppe »Die Zukunft in den Sternen: Europäischer Astrofuturismus und außerirdisches Leben im 20. Jahrhundert«, FriedrichMeineckeInstitut, Freie Universität Berlin.