Nr. 66/67 | europas sklaven | Abstract

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Maria Fritsche

[ DEUTSCH | ENGLISH | Kurz-Bio]

Sarajevo oder von der Notwendigkeit des Untergangs

Der Film Sarajevo (A 1955, Regie: Fritz Kortner) beleuchtet die Ereignisse der letzten 48 Stunden vor dem verhängnisvollen Attentat auf das österreichische Thronfolgerehepaar im Jahr 1914, das den Startschuss zum Ersten Weltkrieg gab. Im Mittelpunkt der Filmanalyse steht jedoch nicht das Attentat, sondern das gespannte Verhältnis zwischen dem vorletzten österreichischen Kaiser Franz Joseph und seinem Neffen und Thronfolger, Erzherzog Franz Ferdinand. Dieser Konflikt ist das handlungsbestimmende Element, das die Handlungen der Protagonisten lenkt und das Paar geradewegs ins Verderben führt. Neben der positiven Zeichnung sowohl der Attentäter als auch des unpopulären Franz Ferdinand erregte v.a. die Darstellung der österreichisch-ungarischen Monarchie, die einen Kontrapunkt zur Habsburgernostalgie im Nachkriegskino der 1950er Jahre setzte, beim zeitgenössischen Publikum Aufsehen. In Sarajevo erstrahlt das Habsburgerreich nicht nachträglich in erneuertem imperialem Glanz, sondern präsentiert sich als verstaubtes und reaktionäres Machtgebilde, dessen Untergang folgerichtig und notwendig war.

[ ENGLISCH | DEUTSCH]

Sarajevo or the inevitability of destruction

The historical drama Sarajevo (A 1955, director: Fritz Kortner) illustrates the events of the last 48 hours before the fateful assassination of the Austrian heir to the throne in 1914, which triggered the First World War. The film analysis does not focus on the assassination, but rather on the tense relationship between the Austrian Kaiser Franz Joseph and his nephew and heir, the archduke Franz Ferdinand. This tension is what drives the actions of the protagonists, and ultimately leads Ferdinand and his wife to their deaths2. The film caused a stir among contemporary audiences, not only because it painted a sympathetic picture of both the assassins and the deeply unpopular archduke, but also because its presentation of the Austrian-Hungarian monarchy contrasted so starkly with the Habsburg-nostalgia characteristic of 1950s German cinema. In Sarajevo the Habsburg Empire does not shine in renewed imperial splendour, but is instead presented as a dusty and reactionary entity whose downfall was consequential and inevitable.

Kurz-Bio: Maria Fritsche

Associate Professor in internationaler moderner Geschichte an der Norwegian University for Science and Technology in Trondheim, Norwegen. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Filmgeschichte, Gender, Militärgeschichte, Nationalsozialismus und Nachkriegseuropa.

E-Mail: maria.fritsche@ntnu.no

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