Nr. 71 | scheitern | Abstract

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Kobi Kabalek

[ DEUTSCH | ENGLISH | Kurz-Bio]

Erinnern durch Scheitern. Erfolglose Versuche zur Rettung von Juden in Film und Literatur der deutschen Nachkriegszeit, 1945–1960

Wissenschaftler, die nachkriegsdeutsche Darstellungen der NS-Zeit erforschen, suchen meist nach bewusstem Scheitern „der Deutschen“, sich an schwierige Aspekte ihrer Vergangenheit zu erinnern. Dabei betrachten sie häufig die 1950er Jahre als Höhepunkt dieses moralischen Scheiterns. Doch bei genauer Betrachtung zeigt sich ein komplexeres Bild. Dieser Aufsatz widmet sich einem Aspekt, der mehreren Historikern zufolge verdrängt und verschwiegen wurde. Untersucht wird die Verbindung von Erinnerung, Scheitern und Moralität in ost- und westdeutschen Filmen und literarischen Darstellungen von 1945 bis 1960 anhand des Topos der Hilfe für Juden. Es wird gefragt, warum die meisten Autoren und Regisseure von gescheiterten Versuchen erzählen, Juden zu helfen. Passen Beschreibungen einer gescheiterten Rettung zur verbreiteten wissenschaftlichen Auffassung von einer gescheiterten Erinnerung an Judenrettung und Holocaust? Es wird gezeigt, dass mit der bewussten Entscheidung, keine erfolgreiche Rettung darzustellen, manche Autoren nicht (oder nicht nur) auf eine Entlastung der nichtjüdischen deutschen Bevölkerung zielten. Vielmehr war ihr Ziel, zur Umerziehung der deutschen Mehrheitsgesellschaft beizutragen und eine Auseinandersetzung mit den Nazi-Verbrechen zu forcieren.

[ ENGLISCH | DEUTSCH]

Remembering through Failure. Unsuccessful Attempts to Rescue Jews in Post-war German Film and Literature, 1945–1960

Scholars studying representations of the Nazi period in post-war Germany tend to look for the deliberate failure of »the Germans« to remember difficult aspects of their past. In so doing, they often portray the 1950s as the peak of Germans’ moral failure. Upon closer investigation, however, a more complex picture emerges. This article focuses on an aspect that many historians have viewed as repressed and silenced. It examines the connection of memory, failure, and morality in East and West German films and literary depictions between 1945 and 1960, based on the topos of the aid given to Jews during the Holocaust. It asks: why did the authors of most of these representations prefer to tell a story in which the attempts to save the lives of Jews fail? Do these descriptions of a failed rescue correspond
with the scholarly assumptions on Germans’ post-war failure to remember the rescue of Jews and the Holocaust? The article shows that the decision not to present a successful rescue did not necessarily (or solely) aim at exculpating
the German population. Rather, the portrayal of failed rescues enabled the authors of these works to contribute to the re-education of the German society and to force a confrontation with the Nazi crimes.

Kurz-Bio: Kobi Kabalek

ist Historiker, Postdoctoral Fellow an der Hebräischen Universität in Jerusalem im ERC-Projekt „Experience, Judgment and Representation of WWII in an Age of Globalization“. Er unterrichtet am MA Program for Holocaust Studies an der Universität Haifa. 2013 promovierte er an der University of Virginia und forscht zur Erinnerungs- und Kulturgeschichte in Deutschland und Israel.

E-Mail: kabalek@bgu.ac.il

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