Nr. 91 | körpermaße
Körperliche Merkmale erscheinen vielen Menschen bis heute als ein untrügliches Zeichen für Zugehörigkeiten oder auch charakterliche Eigenschaften ihrer Mitmenschen. Ethnische oder als »rassisch« gedachte und bezeichnete Zugehörigkeiten werden häufig anhand von Haut-, Haar- und Augenfarben festgemacht. Rassifizierende Merkmale bleiben hier erhalten, während die Versuche von Wissenschaftler*innen des 19. und 20. Jahrhunderts, Körper und Schädel zu vermessen, bei diesen gegenwärtigen Zuordnungen kaum noch eine Rolle spielen. Heute werden Körperformen, z.B. im Fall von Übergewicht, häufig als Indiz für charakterliche Eigenschaften – hier Disziplinlosigkeit und Maßlosigkeit – angenommen. Wie körperliche Merkmale, beschreibbare und messbare, von Akteur*innen wahrgenommen wurden und welche Aussagekraft ihnen zugeschrieben wurde, änderte sich im Laufe der Jahrhunderte.
Die Körpergeschichte hat bereits herausgearbeitet, dass der Körper kein unveränderbarer Gegenstand historischer Forschung sein kann, sondern selbst historisiert werden muss. Körper sind keine über Epochen hinweg stabile Einheiten. Dieses Themenheft widmet sich daher v.a. der Frage, wie sich Wahrnehmungen und Beschreibungen von menschlichen Körpern veränderten und welche Rolle dabei u.a. Praktiken des Vergleichens spielten. […]