Christa Klein
Von »vital heat« zur Eugenik. Klimasomatischer Rassismus und die Ausdifferenzierung der Körperkonzeptionen im 19. Jahrhundert
Bei klimasomatischem Rassismus handelt es sich um ein rassisierendes Konzept, das Klima und Körper (altgr.: soma) hierarchisierend miteinander verknüpft. Die »Kulturfähigkeit« bzw. der Grad an »Zivilisation« wurden an dem jeweiligen Klima und den Körpern bestimmter Bevölkerungsgruppen festgemacht, die über viele Generationen hinweg in dieser Klimazone gelebt hatten. BIPoC wurden dabei als »Naturmenschen« konzipiert, die aufgrund eines »paradiesischen« tropischen Klimas keinen Anlass gehabt hätten, Kultur zu entwickeln und gleichzeitig in der Lage seien, unter härtesten Hitzebedingungen zu arbeiten. Der Aufsatz untersucht diese lang tradierte biopolitische Hierarchisierung und fragt danach, wie sie sich – obgleich schon Ende des 19. Jahrhunderts physiologisch falsifiziert – weiter erhalten konnte. Entlang der sich im Laufe des 19. Jahrhunderts ausdifferenzierenden Körperkonzeptionen und der kolonialen Akklimatisationsdebatte im Kaiserreich wird untersucht, wie sich klimasomatischer Rassismus im fortgesetzten Schauplatzwechsel zu einer Form des strukturellen Rassismus wandelte, dessen Wirkmächtigkeit kaum noch bewusst reflektiert wird.
From »Vital Heat« to Eugenics. Climasomatic Racism and the Diversification of Body Concepts in the Nineteenth Century
Climasomatical racism is a racializing concept that links climate and bodies (Gk. soma) in a hierarchical manner. It tied the ›cultural ability‹ or the degree of ›civilization› to the respective climate and the bodies of certain population groups who had lived in this climate zone for many generations. BIPoC were conceptualized as ›savages,‹ who, due to a ›paradisiacal‹ tropical climate, had had no reason to develop culture while at the same time being capable of work even in extreme heat. The essay examines this long-standing biopolitical hierarchization and asks how it was able to persist in spite of having already been physiologically refuted by the end of the nineteenth century. It traces the process of increasing differentiation of body conceptions over the course of the nineteenth century and the colonial acclimatization debate in the German Empire in order to show how climasomatical racism transformed itself into a form of structural racism whose continued effects are hardly ever consciously reflected upon.
Kurz-Bio: Christa Klein
Christa Klein ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Vergleichende Kultur- und Gesellschaftsgeschichte des modernen Europas am Institut für Kulturwissenschaften der Universität Leipzig. Sie hat Geschichte, Politik und Gender Studies in Freiburg und Dublin studiert, zur Geschichte der Universität Freiburg promoviert und war als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Historischen Seminar sowie am Zentrum für Anthropologie und Gender Studies der Universität Freiburg tätig. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Körpergeschichte, der Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte sowie der populären Geschichts- und Erinnerungskultur.
E-Mail: christa.klein@uni-leipzig.de