Nr. 90 | gewalt geschichten | Abstract

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Annika Raapke

[ DEUTSCH | ENGLISH | Kurz-Bio]

Die unabsichtliche Hintertür. Überlegungen zum Umgang mit »exzessiver Gewalt« in Quellen zur atlantischen Sklaverei

Die Sklaverei in Amerika war geprägt von unsäglichen Akten sadistischer Gewalt, die Europäer*innen tagtäglich ausübten. Ein breites Quellenspektrum zeigt, wie verbreitet solche Gewalttaten waren, obwohl sie gegen europäische Vorstellungen, Normen und sogar Gesetze zur Regulierung von Gewalt und Grausamkeit verstießen. Die Folter versklavter Afrikaner*innen war in Amerika gängige Praxis für viele Europäer*innen, musste jedoch verheimlicht werden, da sie die von den Kolonisierenden pfleglich etablierte Vorstellungen von »Christentum« und »Zivilisation« untergrub. Historiker*innen müssen diese paradoxe Situation untersuchen, um die soziokulturelle Funktionsweise des Kolonialismus zu verstehen; bisher jedoch hat sich die Geschichtsschreibung schwergetan, sich damit auseinanderzusetzen. Dieser Artikel befasst sich mit der laufenden Diskussion über Sklaverei und Gewalt, erläutert die Herausforderungen, denen sich Historiker*innen zu stellen haben, und bietet einige Überlegungen zu möglichen Lösungen für die mit diesem Thema verbundenen methodischen und ethischen Probleme.

[ ENGLISCH | DEUTSCH]

The Unintentional Back Door. Reflections on Dealing with »Excessive Violence« in Sources on Atlantic Slavery

Slavery in the Americas was shaped by unspeakable acts of sadistic violence which were carried out by Europeans on an everyday basis. A wide range of source materials shows how common such violence was, even though it went against European ideas, standards, and even laws regulating violence and cruelty. The torture of enslaved Africans was a common practice for many Europeans in the Americas, yet one which had to be concealed, since it undermined carefully crafted images of »Christianity« and »Civilisation« which colonials strove to uphold. This paradoxical situation is important for historians to investigate in order to understand the sociocultural workings of colonialism, yet so far historiography has struggled to address it. This article delves into the ongoing discussion around slavery and violence, explains the challenges which historians have to confront, and offers some thoughts on potential solutions to the methodical and ethical problems connected with this subject.

Kurz-Bio: Annika Raapke

Annika Raapke ist Postdoc im ERC-Projekt zu »Medical Electricity« an der Universität Helsinki. Nach der Promotion im Graduiertenkolleg »Selbstbildungen« (Oldenburg, 2017) war sie u.a. wissenschaftliche Mitarbeiterin im Prize Papers Projekt (2018–2020), DFG Walter-Benjamin-Postdoc (Göttingen, 2021–2022) und Visiting Assistant Professor an der Universität Uppsala (2023). Ihr Forschungsschwerpunkt ist die Geschichte der Karibik aus geschlechter- und körpergeschichtlicher sowie ökonomischer Perspektive.

E-Mail: annika.raapke@uu.se

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