Nr. 87 | reizende gerüche | Abstract

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Sarah-Maria Schober

[ DEUTSCH | ENGLISH | Kurz-Bio]

Durchdringend. Gerüche und emotionale Verschränkung in frühneuzeitlichen Warenkunden

Die englische Übersetzung von Alain Corbins klassischem Titel Le miasme et la jonquille als The Foul and the Fragrant trifft den Nagel auf den Kopf: Gerüche zeichnen sich nicht nur durch eine starke Emotionalisierung, sondern auch durch eine ausgeprägte Dichotomisierung aus. Sie sind entweder angenehm für den oder die Riechende/n oder sie werden als stinkend, penetrant, ekelerregend wahrgenommen. Der Beitrag fragt nach den Hintergründen dieser zwiegespaltenen Emotionsbesetzung und setzt dazu im Bereich des Handels und der dortigen Bedeutung von Gerüchen an. Im Zentrum steht die Frage, wie Gerüche in frühneuzeitlichen Warenkunden beschrieben wurden. Der Blick auf das Genre kann einerseits dazu beitragen, den historischen Prozess weiter offenzulegen, in dem die Dichotomie naturalisiert wurde und die Verwendung dieser emotionalen Geruchsbesetzung auf soziale Diskriminierungen ausstrahlte; zugleich zeigt sich andererseits, dass die Geruchswelten vormoderner Warenpraktiken und des Warenwissens deutlich komplexer waren. Historische Quellen können somit helfen, Alternativen zur auch analytischen Dichotomisierung der Geruchswelten zu erarbeiten.

[ ENGLISCH | DEUTSCH]

Pervasive. Smells and Emotions in Early Modern Warenkunden

The English title of Alain Corbin’s classic study The Foul and the Fragrant hits the nail on the head: Smells are commonly characterized as evoking strong emotions and are highly dichotomized. They are perceived either as pleasant for the person smelling them, or as stinking, penetrating, and disgusting. This article explores the background of the dichotomy of olfactory emotions, focusing on the field of commerce and the significance of odors in early modern Warenkunden – books consisting of lists of commodities detailing their characteristics and quality. Analyzing how smells were described in this context can, on the one hand, further reveal the historical process of the naturalization of the dichotomy triggering a reflection on its impact on the use of the emotional capacities of smell for social discrimination. On the other hand, it shows that the olfactory worlds of pre-modern commodity practices and commodity knowledge were considerably more complex. Historical sources can thus help to elaborate alternatives to the emotional and analytical dichotomization of olfaction.

Kurz-Bio: Sarah-Maria Schober

Sarah-Maria Schober ist Oberassistentin am Historischen Seminar der Universität Zürich. Sie arbeitet an ihrem zweiten Buch »The Civet Cat. Producing Exotica in Early Modern Europe« an der Schnittstelle von Geruchsgeschichte, Mensch-Tier-Beziehungen, Wirtschaftsgeschichte und Material Culture. Weitere Forschungsinteressen umfassen die Geschichte des Ekels, Körper-, Geschlechter- und Medizingeschichte sowie die Geschichte von Human Remains wie Schädeln und Haaren.
E-Mail: sarah.schober@uzh.ch

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