Nr. 84 | monogamie | Abstract

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Ulrike Schaper

[ DEUTSCH | ENGLISH | Kurz-Bio]

»Die Polygamie bedeutet einen Krebsschaden für die deutschen Kolonien.« Mehrehen als Problem kolonialer Politik und christlicher Mission in den afrikanischen Kolonien

Die deutsche Kolonialmacht fand in ihren afrikanischen Kolonien vielfach Ehen unter der kolonisierten Bevölkerung vor, die dem europäischen bürgerlichen Ideal einer monogamen Ehe nicht entsprachen. Kolonialregierung wie christliche Missionen sahen in der Polygamie ein Hindernis für ihr koloniales bzw. missionarisches Projekt. Anhand von Akten der deutschen Kolonialverwaltung in Kamerun, Dokumenten aus dem Missionsarchiv der Basler Mission sowie Texten aus Missions- und Kolonialzeitschriften, wird untersucht, worin genau die Kolonialregierung und Mission die Gefahr der Polygamie sahen und welche Herausforderungen sich im Umgang mit Mehrehen ergaben. Insgesamt wird gezeigt, wie zentral Monogamie für die Selbstdefinition der deutschen Kolonialmacht war. Die Kritik an der Polygamie diente zur Abgrenzung vom kolonialen Anderen und zur Abwertung deren Kultur. Polygamie galt als nicht-christliche, nicht-europäische, nicht-zivilisierte Praktik. Vor Ort allerdings verschwamm diese Eindeutigkeit angesichts vielfältiger Herausforderungen, so dass Missionen wie Kolonialregierung eher pragmatische und vorläufige Lösungen anstrebten.

[ ENGLISCH | DEUTSCH]

»Polygamy is a canker for the German colonies.« Polygamous marriages as a problem for colonial politics and Christian mission in the African colonies

In its African colonies, the German colonial authorities often encountered marriages among the colonized population that did not correspond to the European bourgeois ideal of monogamous marriage. Colonial government and Christian missions saw polygamy as an obstacle to their colonial or missionary project. Using files from the German colonial administration in Cameroon, documents from the archive of the Basel Mission, and texts from missionary and colonial magazines, the article examines what precisely the colonial government and missions saw as the dangers of polygamy and what challenges arose in dealing with it. Overall, it is shown how essential monogamy was for the self-definition of the German colonial power. Criticism of polygamy served to distinguish Germany from the colonial other and to devalue its culture. Polygamy was considered non-Christian, non-European, non-civilized. In practice, however, this clarity blurred in the face of diverse challenges, so that missions and the colonial government tended to seek pragmatic and temporary solutions.

Kurz-Bio: Ulrike Schaper

Ulrike Schaper ist Juniorprofessorin am Friedrich-Meinecke-Institut der Freien Universität Berlin. Sie forscht zur Kolonialgeschichte, kolonialem Wissen und Kolonialrecht und wurde mit einer Studie zur kolonialen Rechtsverhältnissen in Kamerun promoviert. Zu ihren weiteren Forschungsschwerpunkten zählen die Geschlechtergeschichte und die Geschichte der Sexualität. Aktuell arbeitet sie vor allem zum westdeutschen Sextourismus nach 1968, um die Überschneidungen von Globalisierung, sexueller Liberalisierung und Kommodifizierung im Verhältnis Westdeutschlands zur »Dritten Welt« zu untersuchen.  

E-Mail: ulrike.schaper@fu-berlin.de  

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