Nr. 74 | produktive imitationen | Abstract

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Wendelin Brühwiler

[ DEUTSCH | ENGLISH | Kurz-Bio]

»La Marque ou la Mort«. Institutionalisierungsdynamiken der französischen Markenregulierung in den 1840er Jahren

Der Aufsatz analysiert Kontroversen und juristische Auseinandersetzungen um die französische Markenregulierung. Anhand von Streitschriften, Abhandlungen und Gerichtsberichten wird die Entwicklung der Markenregulierung in einer Phase der Reorientierung um Mitte des 19. Jahrhunderts in den Blick genommen. In dieser laufen Suchbewegungen, die sowohl auf hergebrachte Ordnungsvorstellungen der »guten Policey« bzw. »bonne police« zurückgreifen wie auch vorausweisen auf die marktorientierten Formatierungen des Markenrechts gegen Ende des 19. Jahrhunderts. So wird eine doppelte Orientierung der Leistungserwartung an Marken deutlich, die zwischen referentieller Zurechnung und arbiträrer Zuordnung von Zeichen und Waren changierte. Der Aufsatz argumentiert, dass darin ein konstitutives Moment der Formierungsdynamik des modernen Markenkonzepts zu sehen ist. Diese konzeptuellen Uneindeutigkeiten spielen sich in normativen, medial-operativen und kommunikationstheoretische Verschiebungen aus. Diese wiederum lassen sich als wesentliche Dimensionen einer institutionellen Dynamik verstehen, welche sich mit dem französischen Markengesetz von 1857 auch auf Ebene der Gesetzgebung niederschlugen und internationale Regulierung in Gang brachten. Vor der Hintergrund der These der innovativen Effekte von Produktimitation, die Maxine Berg anhand der industriellen Ordnung des 18. Jahrhunderts zur Diskussion gestellt hat, sowie des Arguments, dass Marken für die Stabilisierung von supply chains eine zentrale Rolle spielten (Paul Duguid), lassen diese Befunde auf veränderte Bedingungen kommerzieller Imitation schließen. Dabei erlangte der strategische Raum kommerzieller Aktivitäten von individuellen Beobachtungen materieller Produktqualitäten eine relative Unabhängigkeit.

[ ENGLISCH | DEUTSCH]

»La Marque ou la Mort«: Informal Institutional Dynamics and Controversy about French Trade Mark Regulation around 1840

This article analyses controversies and litigation cases surrounding the regulation of trade marks in mid-19th century France. It examines the development of a discourse on trademark regulation by examining pamphlets, treatises, and court reports during a period of general reorientation. At this time the reference to older concepts like the bonne police as well as the anticipation of market-oriented formats of trademark law which was going to dominate discussion towards the end of the 19th century, went hand in hand. Within this constellation, expectations about the efficacy of trademarks increasingly oscillated between referential reliability and arbitrary attribution. The article demonstrates how this conceptual ambiguity resonated and produced shifts on a normative, operational, and communicational basis. It argues that these should to be considered central aspects of an emerging modern notion of trademarks and of an institutional dynamic that led up to international regulation in the wake of the French trademark law of 1857. Against the backdrop of Maxine Berg’s thesis concerning prolific effects of product imitation, on the one hand, and of the role of trademarks within processes of vertical integration (Paul Duguid), on the other, the article highlights the changing conditions for commercial imitation. In particular, imitation was no longer strictly bound by individual perceptions of material products.

Kurz-Bio: Wendelin Brühwiler

ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Historischen Seminar der Universität Zürich und Mitglied der DFG-Forschergruppe Medien und Mimesis. Er arbeitet an einer Dissertation zur Entwicklung des Markenkonzepts im 19. Jahrhundert.

E-Mail: wendelin.bruehwiler@uzh.ch

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