Sabine Moller
Zeitgeschichte sehen. Filmrezeption als interaktiver Aneignungsvorgang
Der Beitrag analysiert, wie in Gillo Pontecorvos Battaglia di Algeri (1966) über die Organisation des filmischen Raums eine dialektische Theorie des Kolonialismus entwickelt wird. Während der Widerspruch zwischen Kolonialmacht und Kolonisierten als antithetisches ‚Gefängnis der Blicke‘ inszeniert wird, wird in der „Coda“ des Films eine Lösung des Konflikts angedeutet, die den Antagonismus des Kolonialsystems tendenziell aufhebt: War der bewaffnete Widerstand der FLN noch ein Spiegelbild der kolonialen Gewalt, so erscheint der Aufstand der Bevölkerung nun als ein für die französischen Beobachter nicht mehr semantisierbares ‚Drittes‘. Die Analyse schlägt vor, die filmische Darstellung historischer Ereignisse selbst als Theorie zu lesen, und vollzieht nach, wie in Battaglia di Algeri der Film als politisches wie theoretisches Medium reflektiert wird. Abschließend wird der Frage nachgegangen, inwiefern Pontecorvos Klassiker folgende filmische Auseinandersetzungen mit Kolonialismus und Neo-Kolonialismus beeinflusst hat.
Watching Contemporary History. The interactive appropriation of movies
The paper focuses on the question how the appropriation of history on film might be methodically explored and introduces the research project “Watching Contemporary History”. This project is built on interviews with spectators of the blockbuster “Forrest Gump” (USA 1994) about their perceptions and memories of the movie in Germany and the U.S. The analysis of examples from the interviews demonstrates the interactive character of media reception that needs further exploration based on the theoretical and methodological standards of Oral History.
Kurz-Bio: Sabine Moller
Diplom-Sozialwissenschaftlerin, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Geschichtswissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin, Forschungsschwerpunkte: Kulturwissenschaftliche Gedächtnisforschung, Public History und Geschichtsdidaktik.
E-Mail: sabine.moller@hu-berlin.de