Nr. 63 | kinder | Abstract

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Brigitte Kerchner

[ DEUTSCH | ENGLISH | Kurz-Bio]

Kinderrechte und Kinderpolitik im 19. Jahrhundert

Der sexuelle Missbrauch an Kindern ist ein Thema, das uns immer wieder aufs Neue herausfordert. Ausgehend von den aktuellen Debatten sowie den entsprechenden Schutzbestimmungen in den UN-Kinderrechtskonventionen fragt der Beitrag am Beispiel der Strafgesetzgebung gegen sexuellen Missbrauch an Kindern rückblickend nach der Geschichte von Kinderrechten und Kinderpolitik im 19. Jahrhundert: Wie wird seit der Aufklärung die Generationendifferenz in die westeuropäischen Rechtskodifikationen, etwa in das Allgemeine preußische Landrecht von 1794, eingeschrieben; wie wird um 1800 der Begriff des „Kindes“ definiert und wie funktioniert im Weiteren die Intersektion von age und gender im Sexualstrafrecht des 19. Jahrhunderts? Angeregt durch theoretische Konzepte der „Kinderpolitik“ (Lüscher) interessiert zudem das historische Zusammenspiel von „Schutz“ und „Befreiung“: Inwiefern dienen die zeitgenössischen Rechtsprogramme dem „Kinderschutz“, inwieweit sind im 19. Jahrhundert bereits Ansätze einer befreienden Kinderpolitik („children’s policy“) erkennbar? Schließlich wird untersucht, welche Rolle Kinderzeugen vor Gericht historisch zugestanden wurde und inwieweit wir bei der Betrachtung einzelner Gerichtsfälle Zugang zur Erfahrungsperspektive von Kindern gewinnen können. So leistet der Artikel insgesamt einen Beitrag zur historischen Kinderforschung, zur Kultur- und Rechtsgeschichte des sexuellen Missbrauchs, zu den rechtlichen Grundlagen aktueller Kinder- und Generationenpolitik, nicht zuletzt zu den internationalen „age“ und „generation studies“.

[ ENGLISCH | DEUTSCH]

Children’s Rights and Children’s Policies in 19th Century

Sexual abuse of children is a subject that stirs us over and over. Based on the current debates and the corresponding rules in the international Convention on the Rights of the Child (CRC) this article looks back to the history of children’s rights and children’s policies in the 19th century. If you remember the Enlightenment period, in which way are differences of age and generation inscribed in European law, such as the Prussian Law of 1794? How is the concept of child defined at that time, and how does the intersection of age and gender work in the penal law during the following 19th century? Inspired by theoretical concepts of “children’s policy” (Lüscher) the study also asks for interplay of “protection” and “liberation/emancipation”: To what extent do coeval legal programs serve “child protection”? To which extent can you identify the beginning of liberal children’s policies during the 19th century? Finally, it examines the role of child witnesses in court as well as the perspectives of children in historical criminal cases. Thus, the article makes a contribution to historical children’s research, to culture and legal history of sexual abuse, to the legal basis of current child and generation policy, not least to the international “age” and “generation studies”.

Kurz-Bio: Brigitte Kerchner

Historikerin und Politikwissenschaftlerin. Seit 2013 Vertretung der Professur für rechtliche Grundlagen der Politik am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin.

E-Mail: kerchner@zedat.fu-berlin.de

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