Nr. 57 | soziale missionen | Abstract

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Thomas Gerdes

[ DEUTSCH | ENGLISH | Kurz-Bio]

Die Katholische Aktion und die Soziale Frage in Argentinien 1905–1919. Transfer und Rezeption von katholischem Wissen

Die Expansion der argentinischen Agrarexportökonomie um 1900 ging einher mit einschneidenden ökonomischen und sozialen Krisen, von denen vor allem die unteren Gesellschaftsschichten betroffen waren. Ausgehend vom Konzept der ›katholischen Aktion‹ analysiert dieser Beitrag die zeitgenössischen katholischen Antworten auf die sogenannte ›Soziale Frage‹, speziell am Río de la Plata. Zum einen wird gezeigt, dass Europa als wichtiger Referenz- und Legitimationsraum für den dortigen Sozialkatholizismus diente. An Hand der konfessionellen Presse Buenos Aires’ werden hierzu die umfangreichen transatlantischen Wissenstransfers zwischen der ›Alten‹ und der ›Neuen Welt‹ in jenen Jahren nachvollzogen. Zum anderen unterscheidet dieser Beitrag zwei Strömungen innerhalb des sozialen Katholizismus am Río de la Plata. Die erste, die religiös-moralische, stellte dabei die (Re-)Christianisierung der Gesellschaft in den Vordergrund. Die Vertreter der sozial-praktischen Strömung zeigten sich hingegen überzeugt, dass es für den Sozialkatholizismus unabdingbar sei, auch Lösungen für die materiellen Auswirkungen der Sozialen Frage anzubieten. Hierzu orientierten sie sich vor allem an dem deutschen Katholizismus mit seinen relativ selbstständigen dezentralen Organisationsformen. Der argentinische Episkopat intendierte demgegenüber, das von Pius’ X. 1905 in der Enzyklika »Il fermo proposito« für Italien propagierte Organisationsmodell der Katholischen Aktion zu adaptieren und auf diese Weise seine relativ schwache Machtposition innerhalb des lokalen Katholizismus auszubauen.

[ ENGLISCH | DEUTSCH]

Catholic Action and the social question in Argentina 1905–1919. Transfer and reception of Catholic knowledge

The expansion of Argentina’s agro-export economy around 1900 was accompanied by socioeconomic hardships among the lower classes. By taking up the concept of ›Catholic action‹, this article examines the answers to this so-called ›social question‹ offered by contemporary Argentine Catholicism, particularly in the River Plate region. On the one hand, it can be shown that Europe served as an important frame of reference and source of legitimacy for local Social Catholicism. Analyzing the Catholic press of Buenos Aires enables us to retrace the extensive transatlantic transfer of Catholic knowledge between the ›Old‹ and the ›New World‹ in those years. On the other hand, this article distinguishes between two different currents within Social Catholicism in the River Plate area. The first one focused primarily on the (re-)Christianization of society. Its answer to the social question was therefore essentially a religious one. The second current was convinced that it would be indispensable for Social Catholicism to offer solutions to the material hardships as well. Its representatives modeled themselves mainly on German Catholicism with its decentralized and relatively independent forms of organization. The Argentine episcopacy, in contrast, intended to adapt the organizational model of Catholic Action, which Pius X had demanded in his 1905 encyclical »Il fermo proposito« for Italy, in order to strengthen its relatively weak position within local Catholicism.

Kurz-Bio: Thomas Gerdes

Historiker, promoviert an der Universität Erfurt in Lateinamerikanischer Geschichte. Sein Dissertationsprojekt beschäftigt sich mit dem Sozialkatholizismus am Río de la Plata um 1900.
E-Mail: thomas.gerdes@uni-erfurt.de

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