Nr. 46 | tanten | Abstract

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Sylvia Schraut

[ DEUTSCH | ENGLISH | Kurz-Bio]

Eine Familie ist mehr als die Summe ihrer Mitglieder – Verwandtschaftsbeziehungen
im katholischen stiftsfähigen Reichsadel

Der Beitrag beschäftigt sich mit den in der Frühen Neuzeit aufzufindenden Familienmodellen und fragt nach der Rolle von Seitenverwandten, Onkel und Tanten, Brüdern und Schwestern im erweiterten Familienverband. Als näher zu analysierendes Beispiel dient der stiftsfähige katholische Reichsadel im Allgemeinen und das Haus Schönborn im Besonderen. Ausgehend von den verschiedenen Familienformen, die Johann Heinrich Zedler in seinem Universal-Lexicon aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts anbietet, wird zum einen herausgearbeitet, dass die Frühe Neuzeit neben dem, die einschlägige Literatur des 19. und frühen 20. Jahrhunderts beherrschenden, Modell der hausväterlich organisierten Kernfamilie auch andere Familiendefinitionen und –formen kennt. Zum anderen werden die von Zedler als konstitutiv für eine Familie benannten Charakteristika – Personen, eine Familienordnung, zu verwaltende und zu vererbende Güter – aufgegriffen und am Beispiel des Hauses Schönborn überprüft. Die Analyse der Handlungsspielräume, Karrieremuster, Heirats- und Erziehungsstrategien des stiftsfähigen Reichsadels kann belegen, dass diejenigen Personen im erweiterten Familienverband die zentrale Rolle spielten, die über die größten politischen und ökonomischen Ressourcen verfügten. Im Falle des stiftsfähigen katholischen Reichsadels waren dies die Onkel im Bischofsrang.

[ ENGLISCH | DEUTSCH]

A family means more than the sum of its members – ties of kinship among the Catholic ‘stiftsfähige’ nobility of the German Empire

The paper discusses types of families, which could be found during the early modern period and explores the positions kinship, uncles and aunts, brothers and sisters took up. The paper focuses on the Catholic nobility and especially on the noble family Schönborn as an example of the German Empire. Quoting the various definitions of family, which were given by Johann Heinrich Zedler in his Universal-Lexicon in the first half of the 18th century, we can see that there existed not only the type of family out of the contemporary ‘Hausväterliteratur’, which was preferred by the authors during the 19th and early 20th century. The example of the Schönborn family was used to reassess the characteristics of families described by Zedler – family-members, family-order, goods to administer and to leave. Analyzing their scopes of action, their career-patterns and strategies of marriage and the education of the Catholic nobility of the German Empire thus shows that the importance of family-members increased relatively to their political and economic resources. Thus in the case of the Catholic nobility the uncles, who were bishops, were the most important persons of the family.

Kurz-Bio: Sylvia Schraut

Prof. (apl.) Dr., zur Zeit Vertreterin des Lehrstuhls für Deutsche und Europäische Geschichte im 19. und 20. Jahrhundert an der Universität der Bundeswehr München (Prof. Dr. Merith Niehuss), Forschungsschwerpunkte: Industrialisierungs- und Urbanisierungsgeschichte, Adelsforschung, Geschlechtergeschichte, Historische Kartographie und Erinnerungskultur.
E-Mail: sylvia.schraut@unibw.de

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