Nr. 75 | in bewegung | Abstract

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Marianne Bechhaus-Gerst

[ DEUTSCH | ENGLISH | Kurz-Bio]

Decolonize Germany? (Post)Koloniale Spurensuche in der Heimat zwischen Lokalgeschichte, Politik, Wissenschaft und „Öffentlichkeit“

Seit 2005 sind in zahlreichen Städten Initiativen entstanden, die sich mit der lokalen Verankerung und Verortung von Kolonialismus auseinandersetzen. Die Beschäftigung mit dem „Kolonialismus vor Ort“ war von Beginn an vor allem von zivilgesellschaftlichen und auch politischen Zielsetzungen geprägt. Inzwischen hat das Thema vereinzelt auch die Universitäten erreicht, da vor allem „vor Ort“ untersucht werden kann, wie die kolonialen Diskurse, Mentalitäten und Praktiken im Kaiserreich, in der Weimarer Republik und in der NS-Zeit wirkten, wie weit und tief sie in die deutsche Gesellschaft eindrangen und wie sie in der Gegenwart fortwirken. Der vorliegende Beitrag betrachtet das „Postkoloniale Projekt“ mit regionalem Fokus unter drei Fragestellungen: Was sind die zivilgesellschaftlichen/politischen Zielsetzungen und Perspektiven? Bietet der „Kolonialismus vor Ort“ einen Mehrwert für die historische Wissenschaft? Wird „die Öffentlichkeit“ erreicht und wie steht „die Öffentlichkeit“ zu den Projekten? Deutlich wird, dass vor allem zwischen den politischen und zivilgesellschaftlichen Zielsetzungen und Aufgaben einerseits und der Wahrnehmung des Kolonialismus und seiner Folgen in der „Öffentlichkeit“ andererseits ein nicht zu leugnendes Spannungsfeld besteht.

[ ENGLISCH | DEUTSCH]

Decolonize Germany? A (post)colonial search for evidence at home including local history, politics, academic studies, and the “general public”

Since 2005 numerous initiatives have been established throughout Germany which study the significance and impact of colonialism locally. From an early stage the focus on “colonialism at home” was influenced by political and civil rights objectives. Today, the location of colonialism at a regional level has also reached parts of academia, because colonial discourse, colonial mentalities and practices of the actual colonial period, of the Weimar Republic and of NS-Germany as well as their significance and impact can best be studied locally. This article focuses on three leading questions with regard to local studies of colonialisms: What are the civil and political goals and objectives? Does the local study of colonialism lead to a new understanding of colonialism in academia? Do the different initiatives actually reach the “general public” and what is the “general public’s” attitude towards these initiatives? Trying to answer these questions, it becomes evident that there are conflicting priorities, and attitudes concerning political and civic goals on the one hand and the perception of colonialism and its consequences by the “general public” on the other hand.

Kurz-Bio: Marianne Bechhaus-Gerst

ist Apl. Professorin für Afrikanistik an der Universität zu Köln. Sie forscht und schreibt zur Geschichte von Menschen afrikanischer Herkunft in Deutschland, zur deutschen Kolonialgeschichte, zum Kolonialismus im Rheinland und zur deutsch­afrikanischen Begegnungsgeschichte. Als Kuratorin hat sie Ausstellungen zur kolonialen Vergangenheit Kölns und Aachens, zu Klischees und Vorurteilen in unserer Gesellschaft und zu Konstruktionen von Afrika in unserer Alltagskultur eingerichtet und betreut. Sie ist Initiatorin und Vorsitzende des Vereins KopfWelten – gegen Rassismus und Intoleranz e.V., der seit rund 10 Jahren das Projekt »Köln Postkolonial« bearbeitet.

E­Mail: ama23@uni­koeln.de

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