Nr. 73 | reichtum | Abstract

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Arne Karsten

[ DEUTSCH | ENGLISH | Kurz-Bio]

Der Staat, die Moral und das Geld. Venedigs frühneuzeitlicher Reichtum im Urteil von Zeitgenossen und Nachwelt

Venedig galt in Spätmittelalter und Früher Neuzeit in ganz Europa als urbanistisches Synonym für Reichtum. Der Beitrag untersucht die Ursachen für dieses Image der Serenissima anhand der prachtvollen Inszenierung des öffentlichen Stadtraums und der Mentalität einer aristokratischen Führungsschicht – jenes venezianischen Patriziats, das sein Selbstverständnis und Selbstbewusstsein nicht primär aus dem Grundbesitz, sondern der Kaufmannstätigkeit bezog. Darüber hinaus wird die Wahrnehmung und vor allem Bewertung des sprichwörtlichen venezianischen Reichtums in den Blick genommen, wobei eine deutliche Ambiguität zutage tritt. Nicht allein in den Augen der Zeitgenossen wurde Reichtum einerseits bewundernd bestaunt, andererseits als Resultat rücksichtsloser Bereicherungsmentalität kritisiert: Noch 1915 diente er in Werner Sombarts Weltkriegspamphlet Händler und Helden als indirektes Argument in der »Geistigen Kriegführung« gegen die britische »Krämerseele«.

[ ENGLISCH | DEUTSCH]

The State, Morality, and Money: Venice’s Premodern Wealth as Seen by Contemporaries and by Posterity

In the Late Middle Ages and Early Modern Period, all of Europe regarded Venice as the synonym for urban wealth. The essay examines the origins of this image of La Serenissima, as exemplified by the splendid display of the city’s public spaces and the idiosyncratic mentality of the Venetian patriarchy, an aristocratic ruling class that primarily related its self-understanding and self-awareness to its commercial activity rather than its property holdings. In addition, the essay examines the perception and especially the evaluation of proverbial Venetian wealth, and in this respect, a clear ambiguity comes to light. Contemporaries did, indeed, view wealth with astonished wonderment, but at the same time criticized it as resulting from a ruthless mentality of self-enrichment. Even much later, in 1915, wealth was raised as an indirect argument in Werner Sombart’s World War pamphlet Traders and Heroes to justify waging »intellectual warfare« against the »shopkeeper’s soul« of the British people.

Kurz-Bio: Arne Karsten

ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und Privatdozent für Geschichte der Neuzeit an der Bergischen Universität Wuppertal. Forschungsschwerpunkte: Italienische Kultur- und Kunstgeschichte, europäische Erinnerungskultur, Seekriegsgeschichte.

E-Mail: akarsten@uni-wuppertal.de

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