Nr. 49 | gefürchtete geschichte | Abstract

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Zur Podiumsdiskussion »Qualitätssicherung« auf dem Historikertag 2008

Auf dem Historikertag fand nach der Mitgliederversammlung des Verbandes deutscher Historikerinnen und Historiker, der bereits Fragen von Qualitätsstandards in der Geschichtswissenschaft diskutierte, ein Sachverständigenpodium zur Qualitätssicherung in Fachzeitschriften statt. Diese Runde war auf dem letzten HerausgeberInnentreffen der Zeitschrift WERKSTATTGESCHICHTE konzipiert und schließlich von Ulrike Gleixner, Dietlind Hüchtker und Christine von Oertzen umgesetzt worden. Anlass waren in den letzten Jahren aufgekommene Diskussionen um standardisierte Formen der Evaluierung in den Geisteswissenschaften. Hierzu gehören unter anderem Vorhaben wie die Einrichtung eines European Reference Index for the Humanities (ERIH) durch die European Science Foundation, der durch ein Punktesystem Qualität von Forschungsvorhaben und Zeitschriften zu beziffern sucht.
Geladen waren mit Sonja Berghoff, Christoph Conrad, Stefan Hornbostel, Alf Lüdtke, Christine von Oertzen, Helmut Puff, Rudolf Schlögl, Helwig Schmidt-Glintzer, Martin Schulze Wessel, Barbara Stollberg-Rilinger und Cornelius Torp Sachverständige verschiedener geschichtswissenschaftlicher Zeitschriften sowie wissenschaftlicher Organisationen, die mit der Evaluierung von geisteswissenschaftlicher Forschung beschäftigt sind. Die PodiumsteilnehmerInnen äußerten sich zu drei Fragekomplexen: 1. Lässt sich Qualität in den Geisteswissenschaften messen? Welche Instrumentarien der Qualitätssicherung sind sinnvoll im Hinblick auf Zeitschriften? 2. Wie sichern Zeitschriften wie »Geschichte und Gesellschaft«, »Zeitschrift für Ideengeschichte«, »Zeitschrift für Historische Forschung «, »WERKSTATTGESCHICHTE« und »Historische Anthropologie« ihre Qualität? Welche Verfahren werden angewendet? 3. Wie steht es mit der Qualitätssicherung für historische Fachzeitschriften in den USA/Osteuropa/Westeuropa? Was sind die dort praktizierten Methoden?
Sowohl die Statements des von Ulrike Gleixner moderierten Podiums als auch die sich anschließende Diskussion im Plenum machten deutlich, dass eine selbstbewusste Positionierung der Geschichtswissenschaften in der Diskussion um die Qualität der Veröffentlichungen – vor allem auch hinsichtlich der Politik der Förderinstitutionen – unumgänglich ist und dass hierbei der Austausch über die Bandbreite an Möglichkeiten der Qualitätssicherung von Zeitschriften und die verschiedenen Vorgehensweisen – von der Redaktionsbegutachtung bis hin zu double-blind-peer-review-Verfahren – ein erster Schritt ist. Folgende Ergebnisse lassen sich im Anschluss an die Podiumsdiskussion formulieren:
1. Pluralität der Verfahren
Die Mehrheit der Diskutierenden machte sich für eine Pluralität von Verfahren der Qualitätssicherung stark. Es sind verschiedene Verfahren, die Qualität sichern. Qualität ist jedoch weder ein neutraler Begriff noch mit nur einem Instrument messbar. Sie ist vielmehr verwoben mit gewachsenen Wissenschaftskulturen und bezogen auf die spezifische inhaltliche Ausrichtung der jeweiligen Zeitschrift.
2. Vorzüge bisher angewendeter Redaktionsverfahren
Die bisher angewendeten Redaktionsverfahren werden vehement verteidigt und ihre Stärken hervorgehoben, insbesondere bei der Erstellung themenorientierter Hefte, für die gezielt und nach inhaltlichen Kriterien Artikel eingeworben werden. Alle Redaktionsverfahren schließen peer reviews (Gutachten) mit ein, allerdings nicht immer im von vielen Evaluationseinrichtungen propagierten double-blind-Verfahren. Sie setzen aber zusätzlich immer auf die Diskussion der Beiträge innerhalb der Redaktionen bzw. des HerausgeberInnenkreises.
3. Transparenz der Verfahren
Gewünscht wird eine größere Transparenz der jeweiligen Redaktionsverfahren für AutorInnen. Die angewandten Verfahren sollten auf der Website der jeweiligen Zeitschrift dargestellt sein.
4. Ablehnung der Rankingliste der European Science Foundation
Die Rankingliste der European Science Foundation wurde mehrheitlich stark kritisiert. Einen angekündigten Boykottaufruf dieser Liste durch einige englischsprachige Zeitschriften (etwa Past&Present) begrüßte das Publikum mit anhaltendem Beifall. WERKSTATTGESCHICHTE wird diesen Boykottaufruf zu Beginn des kommenden Jahres dokumentieren und das eigene Redaktionsverfahren in einer knappen Stellungnahme auf der Homepage der Zeitschrift darstellen.

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