Nr. 43 | empire is coming home | Abstract

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Michael Sturm

[ DEUTSCH | ENGLISH | Kurz-Bio]

»Der knackt jeden Schädel«. Überlegungen zur Verwendung des Polizeischlagstocks

Das Schlagen stellt die unmittelbarste und alltäglichste Form physischer Gewalt dar. Diese Feststellung gilt auch für Polizisten. Zum einen geraten Polizeibeamte oftmals in Situationen, in denen ihnen die Anwendung physischer Gewalt unumgänglich erscheint. Zum anderen sind es aber auch Polizeibeamte, die regelmäßig zu Zielfiguren gewalttätiger Übergriffe werden. Dieses Spannungsverhältnis zwischen Schlagen und Geschlagen-Werden, zwischen Aktionsmacht und potentieller Verletzungsoffenheit des eigenen Körpers prägt wesentlich die Wahrnehmungen und Verhaltensweisen von Polizeibeamten.
Der Schlagstock ist ein simples, aber für die Ausübung unmittelbarer Gewalt sehr funktionales Einsatzmittel, der zudem die Autorität des staatlichen Gewaltmonopols am markantesten symbolisiert.
Der Beitrag nimmt zwei Aspekte in den Blick: Erstens versucht er, in groben Zügen die Geschichte des Polizeischlagstocks und seiner Verwendung vom Kaiserreich bis in die Gegenwart zu skizzieren, wobei sich die Darstellung auf die Entwicklungen in der „alten“ Bundesrepublik konzentriert.
Zweitens geht es um die unterschiedlichen Wahrnehmungen und Emotionen, die mit dem Schlagen und Geschlagen-Werden verbunden sein können. Dem Beitrag liegt die These zugrunde, dass sich im Laufe der Jahrzehnte polizeiliche Gewaltpraktiken zwar verändert haben, diese Entwicklung jedoch keinen linearen Weg hin zur vielfach behaupteten Minimierung physischer Gewalt durch die Polizei darstellt. Die nunmehr zivileren, „sportlichen“ polizeilichen Ausrüstungsgegenstände repräsentieren weiterhin ein erhebliches Droh- und Gewaltpotential, sowohl in „praktischer“ Hinsicht als auch in den Wahrnehmungen und Ängsten derjenigen, die mit diesen Einsatzmitteln konfrontiert sein könnten.

[ ENGLISCH | DEUTSCH]

»That one will knuckle any skull«. Some Thoughts on the Use of the Police Baton

Beating is the most direct kind of physical force, and it is used every day. That is true also for policemen. On the one hand, police officers often face situations which apparently make it impossible to avoid the use of physical force, and on the other hand, the police officers themselves regularly become the target of violent assaults. The range of beating and being beaten, of using force and being aware of the vulnerability of the own body, is a constituent of policemen’s perception and behaviour. The police baton is a simple but very functional instrument for the use of direct force, and it seems to be the most widely wielded symbol of the state monopoly on the use of force.
The article concentrates on two aspects: First, it gives a summary of the history of baton use from Imperial Germany up to the present – with a focus on developments in the “old” Federal Republic before 1990. Second, it discusses the different perceptions and emotional implications which may be connected with beating and being beaten.
The central claim of the paper is that, whereas the use of force by police changed its forms over time, these changes did not, contrary to what has often been stated, constitute a linear process of minimizing the use of physical force. Thus modern police equipment, even though it may look more civil and more like sports equipment, still bears a remarkable potential for physical force in its practical uses as well as in the perceptions and fears of those who might be facing these instruments.

Kurz-Bio: Michael Sturm

Historiker, wiss. Mitarbeiter am Historsichen Seminar der Universität Leipzig, Dissertationsprojekt zur Alltagsgeschichte der Münchner Stadtpolizei zwischen 1962 und 1972
E-Mail: sturm@rz.uni-leipzig.de

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